Moslems befreien die Innenstadt vom Silvestermüll
Von Josef Schneider
Ellwangen Jede Menge Raketen, Böller, Sektflaschen, Becher und Bierdosen sind in den 20 blauen Müllsäcken gelandet: Die traurigen Überreste der Silvesternacht in der Ellwanger Innenstadt haben Mitglieder der „Ahmadiyya Muslim Jamaat“, der islamischen Ahmadiyya-Gemeinde in Ellwangen, am Morgen des Neujahrstags in einer ehrenamtlichen Reinigungsaktion beseitigt. Die bundesweite Neujahrsputzete der Muslime fand in Ellwangen zum ersten Mal statt, in Absprache mit dem Baubetriebshof.
Während andere verkatert im Bett lagen, waren rund 20 Mitglieder der Ahmadiyya-Gemeinde in aller Herrgottsfrühe auf den Beinen. Um sechs Uhr trafen sie sich zum gemeinsamen Morgengebet in der Wohnung des ehemaligen Präsidenten der Ellwanger Ahmadiyya-Gemeinde, Mohammed Iqbal, im Mühlgraben. Ausgestattet mit Besen, Kehrschaufeln, Gebläse, Greifzangen, Handschuhen und Müllsäcken, machten sie sich danach an die Arbeit. Der Älteste der Freiwilligen war 64, die Jüngsten, die Zwillinge Sajeel und Asif, elf Jahre alt. Eine Gruppe war in Ellwangen aktiv, die andere in Crailsheim.
Am Fuchseck lag am meisten
Gereinigt wurden in Ellwangen vor allem das Fuchseck, der Bereich des Bahnhofs, der Schießwasen, die Parkpalette am Schöner Graben und die Straßen und Gassen der Altstadt. Die Moslems waren dabei für die groben Gegenstände wie Raketen, Böller, Flaschen und Dosen zuständig, die Kehrmaschine des Baubetriebshofs für die Feinarbeit.
„Der Islam lehrt, dass der Mensch geboren wurde, um Gott und seinen Menschen zu dienen“, sagt Adnan Mohammad, Sprecher der Jugendorganisation der Gemeinde Ellwangen: „Diese Maxime gilt als Leit- und Lehrsatz der ehrenamtlichen Tätigkeiten im Rahmen unserer Abteilung Waqar-e-Amal, welche übersetzt ‚ehrenvolle Arbeit‘ heißt.“ Waqar-e-Amal bedeute, sich selbst und anderen ohne Gegenleistung mit eigener Hand zu helfen. Dieser Grundsatz habe einen philosophischen Hintergrund, der zum Ziel hat, Barrieren sozialer Unterschiede zu brechen und einen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung zu leisten. Die Mitglieder der in über 200 Ländern vertretenen islamischen Reformgemeinde haben Silvester nicht gefeiert. „Für Feuerwerkskörper geben wir kein Geld aus“, sagt Shehzad Ateeq aus Westhausen, der in der Gemeinde für die Finanzen zuständig ist: „Wir spenden lieber für die Armen.“ Und: „Neujahr fangen wir mit Gebet an.“ Laut Ateeq soll die Aktion an Neujahr auch ein Beitrag zur Integration und ein Dankeschön an die Deutschen sein, dafür dass die in ihrer Heimat verfolgten Pakistani hier leben dürfen. „Unser Kalif will, dass wir in dem Land, wo wir wohnen, gute Taten vollbringen.“
Die nächste Reinigungsaktion der 65 Mitglieder zählenden islamischen Ahmadiyya-Gemeinde in Ellwangen ist bereits für den 5. März terminiert, für den Aschermittwoch. Dann wird mit 20 bis 25 Ehrenamtlichen der Müll des Faschingsdienstags weggeräumt. Die erwachsenen Mitglieder der Gemeinde nehmen dafür extra Urlaub, die Schüler haben dann ohnehin schulfrei.
(Erschienen: 01.01.2014 18:45)
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